Rebecca Gomperts kämpft weltweit für das Recht der Frauen auf eine sichere Abtreibung und bietet dabei nicht nur mutig Abtreibungsgegnern die Stirn, sondern entwickelt geschickte Methoden, Schlupflöcher in den Gesetzeslagen in verschiedensten Ländern auszunutzen. Über sieben Jahre lang begleitete die Dokumentarfilmerin Diana Whitten die niederländische Pro-Choice Aktivistin Rebecca Gomperts bei ihrer Arbeit mit „Women on Waves“
Rebecca Gomperts studierte zunächst Medizin und bildende Künste in Amsterdam. Nach ihrem Studium wurde sie Abtreibungsärztin und segelte dann als Ärztin und Umweltaktivistin auf dem Greenpeace Schiff „Rainbow Warrior“. Dort wurde Sie als Ärztin mit dem Problem konfrontiert, dass viele Frauen darunter leiden, dass sie keinen Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen haben und somit unzählige Frauen durch illegale Abtreibungen sterben müssen. Eines Tages machte der Kapitän des Schiffes die Ärztin darauf aufmerksam, dass man auf einem Schiff unter holländischer Flagge an einem Hafen eines Landes, in dem Abtreibung illegal ist, Frauen an Bord nehmen und ihnen auf hoher See, also mindestens 12 Meilen von der Küste entfernt, legal bei Abtreibungen durch Abtreibungspillen helfen könnte. Denn außerhalb dieser 12 Meilen gelten die Gesetze des Landes des Flaggschiffes.
Das ist der Beginn von „Women on Waves“. Denn, da Abtreibungen in den meisten Ländern der Welt illegal oder sehr stark eingeschränkt sind, sind Frauen dazu gezwungen, Abtreibungen unter großen gesundheitlichen Gefahren vorzunehmen. Somit stirbt weltweit alle 10 Minuten eine Frau wegen dieser Gesetze, das sind 47.000 Frauen pro Jahr. Diesen Frauen will Rebecca Gomperts helfen. Denn in den Niederlanden ist Abtreibung legal. Und somit auch auf jedem niederländischen Schiff in internationalen Gewässern überall auf der Welt. Und in Ländern, in denen Abtreibungen legal sind. Dort gibt es die „Abtreibungspille“, die auf der Arzneimittelliste des WHO steht und häufig von Ärzten und Abtreibungskliniken verschrieben wird.
Da auch in den Niederlanden Abtreibungen nur in lizensierten Kliniken oder Krankenhäusern vorgenommen werden dürfen, bauten die „Women on Waves“ im Jahr 2000 eine mobile Klinik in einen Schiffscontainer, die mit einem kompletten Behandlungsraum ausgestattet wurde. Zehn Frauen finanzierten den ersten Einsatz. Sie mieteten ein Schiff und setzten den „Klinik-Container“ darauf, schlossen eine Versicherung für das Schiff ab, suchten sich einen Kapitän und lizensierte Deckarbeiter, einen Gynäkologen, die Arzneimittel und beantragten eine mobile Kliniklizenz.
Irische Frauengruppen luden Women on Waves ein, auf ihrer ersten Fahrt nach Irland zu segeln. 2001 lief die „Aurora“ aus dem Hafen von Rotterdam zu ihrer Jungfernfahrt aus und steuerte Dublin, Irland, an, eine der letzten Bastionen in Europa, in der Abtreibungen immer noch illegal sind. Sie richteten eine E-Mail-Adresse und eine Hotline ein. Und sobald die Presse davon berichtete, wurden die zehn Frauen von hunderten Emails überflutet, von Frauen in Irland, die Abtreibungen benötigen und verzweifelt um ihre Hilfe baten. Alle zukünftigen Einfahrten des „Abtreibungsschiffes“ riefen ein breites Medieninteresse, Demonstrationen von Abtreibungsgegnern wie -befürwortern an den jeweiligen Häfen hervor. 2003 segelten WoW nach Polen, wo offizielle Umfragen ergaben, dass der Anteil der Bevölkerung, der sich für eine Liberalisierung der Gesetze für Schwangerschaftsabbrüche aussprach, nach dem Besuch von WoW von 44 % auf 56 % stieg. Im Jahr 2004 wurde der Versuch der Organisation, in portugiesische Gewässer einzulaufen, von der Regierung verhindert. Das Schiff von WoW wurde von einem Kriegsschiff aufgehalten, eine Verletzung des Seerechts, da Schiffe nur dann durch die Kriegsmarine am Einlaufen gehindert werden dürfen, die die Sicherheit des Landes unmittelbar gefährdeten. Schwer vorstellbar, dass ein paar Frauen auf einem kleinen Schiff ohne Waffen, lediglich Abtreibungspillen an Bord, die Sicherheit eines Landes gefährden könnte. Im Jahr 2008 ging das Schiff von Women on Waves in Valencia, Spanien, vor Anker; auch dort löste es verschiedene Reaktionen aus. Als das Schiff zwischen Abtreibungsgegnern und -befürwortern anlegen wollte, versuchte die Küstenwache, es mit einem Seil aus dem Hafen zu ziehen. Bald darauf kippten allerdings sowohl in Spanien, als auch in Portugal die Abtreibungsverbote. Im Oktober 2012 verhinderte die Königliche Marokkanische Marine zunächst den Einlauf des Abtreibungsschiffes in den Hafen von Smir. Aber es gelang den Aktivistinnen dennoch mit dem Schiff in Smir einzulaufen. Die Hafenbehörden verhinderten mit einem Polizeiaufgebot, dass Personen das Schiff verließen und eskortierten es danach in internationale Gewässer.
2005 gründete sich die Partnerorganisation „Women on Web“, die, vertreten in Ländern verteilt auf dem ganzen Globus, Frauen online dabei hilft, sichere Abtreibungen selbst vorzunehmen. Die Grundidee stammte ebenfalls von Rebecca Gomperts, denn: die „Abtreibungspille“ zur Abtreibung bei Frühschwangerschaften (bis 9. Woche) besteht eigentlich aus zwei Pillen. Eine mit dem Wirkstoff Mifepriston und eine mit dem Wirkstoff Misoprostol. Zusammen angewendet sind die Pillen zu 95% wirksam. Wird nur Mifepriston eingenommen, führt die Einnahme allerdings immer noch zu ca. 85% zu einer Abtreibung. Da Mifepriston eine Zulassung zur Behandlung gegen Magengeschwüre hat, kann es „Off-Label“ für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch verwendet werden; mit einem Medikament, das auf Rezept auch in den Ländern erhältlich ist, in denen Abtreibung verboten ist. Women on Web stellt online in den jeweiligen Landessprachen Informationen bereit, wie betroffene Frauen die Rezeptpflicht umgehen und das Medikament richtig anwenden können, und betreuen die Frauen online durch den Prozess. Die Bereitstellung dieser Informationen steht nicht unter Strafe und ist somit völlig legal. Die „Women on Waves“ Frauengruppen vor Ort kümmern sich um die Hilfesuchenden und trainieren Frauen vor Ort. Die Einrichtung von landesweiten Hotlines haben die Frauen durch mutige Demo-Aktionen propagiert und verbreitet.
Der Film „Vessel“ zeichnet ein beeindruckendes Bild einer mutigen, unerschütterlichen Frau, die es als ihre Berufung ansieht, Frauen auf der ganzen Welt durch alles, was in ihrer Macht steht, zu helfen, Abtreibungen zu überleben, und die auf der ganzen Welt mit Aktionen für das Recht jeder Frau auf eine sichere Abtreibung demonstriert. Die statistischen, juristischen und medizinischen Informationen die der Film bereitstellt, sind dabei durch liebevolle Zeichnungen erläutert. Medienecho, Gegendemonstrationen und die Unbeirrbarkeit der starken „Women on Waves“ beeindrucken zutiefst.
Der Film erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den „Audience Award“ und den „Special Jury Award for Documentary Feature“ beim „South by Southwest Film Festival“ sowie den „Peter Wintinuck Award“ beim Sheffield International Documentary Festival, und den „Adrienne Shelly Excellence In Filmmaking Award“ beim „Nantucket Film Festival“
Sehenswert!
„Vessel“
von Diana Whitten, mit Rebecca Gomperts, 2014, 90 Minuten
Zu sehen auf NETFLIX, iTunes, vimeo
Links:
Vessel – The Film http://vesselthefilm.com/
Women on Waves https://www.womenonwaves.org/
Women on Web https://www.womenonweb.org/
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