Strafanzeigen gegen Farid Bang und Kollegah: Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt.

Gegen Farid Bang und Kollegah sind gestern am 2. Mai 2018 2 Strafanzeigen wegen „Volksverhetzung“ (§130 StGB) eingegangen. Eine stammt laut dem Spiegel von einem Mitbürger jüdischer Herkunft und die andere von 13 Feministinnen, wie die „Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt“ auf ihrer Facebook-Seite berichtet. Dort heisst es unter anderem:

„Endlich weht den Rappern und Echogewinnern Kollegah und Farid Bang auch wegen des in ihren Texten propagierten Frauenhasses Gegenwind entgegen. Vergewaltigungsphantasien sind in ihren Texten gang und gäbe, auch vor pädokriminellen Anspielungen schrecken sie nicht zurück.“

Attitudeblog liegt der volle Wortlaut der Strafanzeige vor:


Staatsanwaltschaft Düsseldorf,
Fritz-Roeber-Straße 2
40213 Düsseldorf

Abs:

Hamburg, den 30.4.2018

Betreff: Anzeige wegen des Verdachts auf Volksverhetzung (§130 StGB) und sonstiger in Frage kommender Straftaten gegen Felix Blume alias Kollegah und Farid Hamed El Abdellaoui alias Farid Bang

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erstatten wir Anzeige wegen des Verdachts auf Volksverhetzung (§130 STGB) und sonstiger in Frage kommender Straftaten gegen die beiden Rapper Kollegah (bürgerlicher Name Felix Blume) und Farid Bang (bürgerlicher Name Farid Hamed El Abdellaoui) und beantragen, über den Verfahrensfortgang informiert zu werden.

Begründung:
Seit der Verleihung des renommierten Musikpreises „Echo“ an die beiden genannten Personen am 12. April 2018 wird öffentlich über die Inhalte der Texte der prämierten Alben diskutiert. Insbesondere der Vergleich mit den Insassen des Konzentrationslagers Auschwitz, die zum männlichen Schönheitsideal zu stilisieren die beiden sich ermutigt fühlten, führte zu heftigen Debatten. Diese Geschmacklosigkeit zu beschreiben, dazu fehlen uns schlicht die Worte.
Daraufhin gab es heftige Reaktionen: verschiedene KünstlerInnen schalteten sich ein, u.a. die Sängerin Helene Fischer, einige, z. B. der Musiker Marius Müller-Westernhagen und der Stardirigent Daniel Barenboim, gaben ihre Echos zurück. 
Diskutiert wird seitdem vor allem der Antisemitismus, nicht nur in den Texten, sondern auch in Videos und Interviews der beiden Rapper. In dieser öffentlichen Debatte wird völlig vernachlässigt, dass die Texte nicht nur menschenverachtend im Hinblick auf die Verhöhnung von Auschwitz-Insassen sind, sondern auch im Hinblick auf die darin zum Ausdruck kommende Homophobie, den dumpfen Rassismus, und – das ist unser Thema – den abgrundtiefen Frauenhass und die Gewaltphantasien – sowohl gegen Frauen als auch gegen Kinder. 
Der Musikpreis „ Echo“ wird für gewöhnlich verliehen an diejenigen InterpretInnen, die die meisten CD-Verkäufe für sich verbuchen können. D.h., abgrundtiefer Frauenhass und Gewaltphantasien werden allein durch den Verkauf der CDs millionenfach unter die Leute, vorwiegend junge und sehr junge Leute, gebracht. Die Auswirkungen von Streaming und Raubkopien sind schlicht nicht zu beziffern. Sowohl Kollegah als auch Farid Bang haben auf ihren Facebook-Profilen knapp 2 Mio. Follower.
Die beiden Rapper füttern die Hirne vor allem männlicher Jugendlicher mit abgrundtiefem Frauenhass und Gewaltphantasien. Diese prägen deren Frauenbild, was schon jetzt oder aber spätestens in der Pubertät Mädchen und Frauen zu spüren bekommen. 
In Interviews lassen die beiden erkennen, dass ihre Text nicht nur die Folge der im Genre „Battlerap“ häufig als Stilmittel eingesetzten Überspitzung sind, sondern dass sie denken, was sie rappen.
Farid Bang erklärt ganz freimütig, dass er Frauen einteilt in „Hure“ und „Heilige“. Erstere verachtet er so wie er die Prostituierten verachtet, zu denen zu gehen er offen zugibt. Doch auch die „Heiligen“ verachtet er anscheinend, auch sie bekommen offenbar seinen Hass, seine Verachtung, seine Gewalt zu spüren (https://web.archive.org/…/www.rap.de/features/interview/6134). 
Mit ihren Texten vermitteln die beiden Rapper unserer Ansicht nach männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden eben dieses Frauenbild und ermutigen sie – ob gewollt oder ungewollt ist dabei völlig nebensächlich – zu Gewalttaten gegen Frauen. 
Unseres Erachtens ist damit der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Weil mit diesen Texten, die von unzähligen Jugendlichen gehört werden, die eine, die männliche Hälfte der jugendlichen und jungerwachsenen Bevölkerung gegen die andere, die weibliche, aufgehetzt wird.

Ein Beispiel aus dem Repertoire der beiden. In diesem Songtext ist jede Zeile gewaltverherrlichend, menschenverachtend und eine einzige Drohung gegen Frauen:

„Diese Syrer vergewaltigen dein Mädel, Bitch
Sie sagt, ´Lass mich in Ruhe!`, doch er versteht sie nicht
Zerlege dich, gab mir Testo
Mach‘ dein Bahnhofsghetto zu Charlie Hebdo
Deutschen Rap höre ich zum Einschlafen
Denn er hat mehr Windowshopper als ein Eiswagen, ah
Und wegen mir sind sie beim Auftritt bewaffnet
Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen
Bastard, ich fick‘ deine Mutter
Zieh‘ mein Messer durch sie durch als wär‘ sie ein Stück weiche Butter
Ey, ich komm‘ in dein Wohlstandsviertel mit dem Wagen voll Rauschgift
Und ein Monat nachdem die letzte Ladung verkauft ist
Gleicht die Gegend zunehmend afrikanischen Townships
Oder Lagern in Auschwitz
Yo, ich trage die Machete und mach‘ Rapper kaputt
Tick‘ Crack in der Hood, traf letztens deine Schwester im Club
Und hab‘ die Nutte auf dem Damenklo gefickt
Als sie mal grad für kleine Mädchen war wie Barbiepuppen
Du elender Nuttensohn, erstmal wird dein Konzert gestürmt
Dann wachst du auf in ’ner Garage in Derendorf
Und als erstes nimmt dich ein Schwarzer aus Kenia durch
AMG-Mercedes plus ein Tanktop in grau
Die ersten zwei Wochen ist dein Sarg ein Benz-Kofferraum
Dann frisst ein Stafford dich auf und deine Mami liegt da
Wir stellen mit Gina-Lisa ihre Vergewaltigung nach, ah.“
Eine weitere Kostprobe aus dem aktuellen, prämierten Album:

„Dein Chick ist ne Broke-Ass-Bitch, 
denn ich fick sie, bis ihr Steißbein bricht/
Dieses Album kommt, weil ihr wieder Ansagen braucht/
Fuck mich ab und ich ficke deine schwangere Frau/
Danach fick‘ ich deine Ma, die Flüchtlingsschlampe.“

Weitere Beispiele:

„Ich bau Aggressionen ab durch Vergewaltigungen von Bordsteinschlampen“
oder „Kid, ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Nein, ich habe nie ne minderjährige Bitch missbraucht.“

Oder so: „Ich komm mit ner Horde Hunde plus Zuhältern, die dich ermorden, Tunte.“

In Kollegahs „Zuhältertape Vol . 4“ finden sich folgende Sätze: 
„Nutte, Zeit, dass du Putzlappen befeuchtest / Ich bring Schusswaffengeräusche wie die Schutzstaffel der Deutschen“ oder „Kid, es ist der Boss, der für ’ne Modezeitschrift Posen einnimmt wie die Wehrmacht, die in Polen einschritt“ (https://www.cicero.de/…/echo-preis-kollegah-farid-bang-kuns…).

Farid Bang trug folgende Textzeile zu Haftbefehls „Chabo wissen …“ bei:
„Ey, ey, ich mach‘ deine Kinder zu Nutten
Ohne dabei mit der Wimper zu zucken.“

Bereits das Album „„Jung Brutal Gutaussehend 2 (JBG2)“ wurde am 9. Januar 2014 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in Listenteil A der Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen (http://www.bundespruefstelle.de/…/die-bundespruefstelle,did…).
Der Musikkritiker Zoran Gojic sprach von „endlosen Variationen von frauenfeindlichen Fantasien oder offener Menschenverachtung“ (Münchner Merkur, Ausgabe: 89, Jahr: 2018, Datum: 18.04.2018, Seite: 3).
Der Berliner Staatsschutz hat inzwischen die Indizierung des kürzlich prämierten Albums beantragt (https://www.tagesspiegel.de/…/antisemitismus-…/21199442.html).
Doch das reicht uns nicht. Wir möchten, dass Felix Blume und Farid Hamed El Abdellaoui persönlich juristisch zur Rechenschaft gezogen werden. Für die Verhöhnung von KZ-Inhaftierten, wegen ihrer vor Rassismus und Homophobie triefenden Texte und vor allem wegen des abgrundtiefen Frauenhasses und der (auch pädokriminellen) Gewaltphantasien, die sie in die Köpfe (männlicher) Jugendlicher hämmern. Die reale Gefahr, die unseres Erachtens besteht, ist, dass nicht wenige männliche Jugendliche diese Gewaltphantasien ausleben (wollen) und dass heranwachsende und jungerwachsene Frauen dadurch körperlichen und, angesichts dieser vertonten Pornographie und der darin enthaltenen Abwertung alles Weiblichem, psychischen Schaden nehmen.

Deshalb erstatten wir Anzeige wegen des Verdachts auf Volksverhetzung (§130):
„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
….“ 
und sonstiger in Frage kommender Straftaten.

Hochachtungsvoll


 

Die Begründung der Strafanzeige:

„Wir stellen die Anzeige NICHT, weil wir glauben, ein bahnbrechendes Urteil gegen die beiden Rapper erwirken zu können. 
Auch nicht, weil die beiden die Ersten und Einzigen wären, die ihre Frauenverachtung vertont hätten.
Women of Colour, die die „Black Lives Matter“-Bewegung kritisieren, sprechen von Rap als dem entwürdigendsten Genre, dass die Musikgeschichte je hervorgebracht hat.
Rap ist aus Frauenhass entstanden, bringt Frauenverachtung und Gewaltphantasien zum Ausdruck und reproduziert Frauenverachtung.

Daneben gibt es allerdings sehr wohl auch Rap, der ohne die Abwertung von Frauen, Homosexuellen, ohne Rassismus und Antisemitismus auskommt.

Ziel dieser Aktion ist es, deutlich zu machen, dass Artikel 1 des Grundgesetzes, die Würde des Menschen ist unantastbar, auch für Frauen gilt.

Wir wollen den Zusammenhang zwischen Frauenhass, Aufstachelung zu Gewalt gegen Frauen, in Zusammenhang bringen mit dem Straftatbestand Volksverhetzung. Oder sonstiger in Frage kommender Straftatbestände.

Bislang gilt Frauenhass als normal, nicht weiter erwähnenswert, niemand würde deswegen einen renommierten Musikpreis zurückgeben.

Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Sexismus genauso gefährlich, gefährdend und auch tödlich ist wie Rassismus und Antisemitismus.

Wir wollen, dass Diskriminierung von und Gewalt, auch verbale, gegen Frauen als Anschlag auf die Verfassung betrachtet werden. Denn darin ist die Gleichberechtigung von Frauen und Männern verankert, und der Schutz der Menschenwürde, der selbstverständlich auch endlich für Frauen gelten muss.

Dabei ist das Urteil beinahe nebensächlich. Allerdings muss die Staatsanwaltschaft sich mit unserer Anzeige befassen. Und gegen eine Verurteilung hätten wir nichts einzuwenden …“

Jede/r kann auch eine eigene Strafanzeige stellen.

Hintergrund:

Als Reaktion auf die Echo-Preisverleihung hatten berühmte Künstler wie Marius Müller-Westernhagen oder der Dirigent Daniel Barenboim ihre Echo-Preise zurückgegeben. Die Plattenfirma BMG hat die Zusammenarbeit mit den beiden Rappern beendet und hat sich in einer Stellungnahme deutlich von Antisemitismus distanziert. Bertelsmann fördere zwar die künstlerische Freiheit, zeige „gleichzeitig Respekt vor Traditionen und kulturellen Werten“.

Ob die Strafanzeige Aussicht auf Erfolg hat, ist unsicher. Für den Straftatbestand der Volksverhetzung müssten die Texte den öffentlichen Frieden stören. Die Hürde zur Erfüllung dieses Bestandes ist jedoch sehr hoch.

Wir sagen: Macht nichts!

Da die Sammelanzeige der Feministinnen schon eingereicht wurde, konnten wir uns nicht mehr anschließen, erwägen aber, eine eigene Anzeige einzureichen.

Euer Attitudeblog

 

 

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