Die Pornografie befindet sich in einem radikalen Wandel. Durch das Internet entstand ein neues Porno-Genre: Kostenlos und frei verfügbar – auch für Kinder. Billig gedrehte Filme mit Amateuren und Webcam-Girls, mit denen Konsumenten sogar selbst Sex haben können.
„Pornos zerstören dein Leben“
Pornografie gibt es schon seit der Antike und sollte als Aufklärung dienen. Doch weit gefehlt. Von Pornografie sprechen Experten erst, seit es Massenmedien gibt, und nur zur Aufklärung dient sie schon lange nicht mehr.
Experten warnen vor Schattenseiten. Eine davon: Pornos sind so gefährlich wie Drogen, es gibt immer mehr süchtige Konsumenten. Sie bekommen ein falsches Bild von Sexualität. Einige von ihnen fügen Frauen später Gewalt zu, wie im Porno – sie kennen es ja nicht anders. Rocco aus Leipzig gehört zur sogenannten Generation Porno und sagt: „Pornos zerstören dein Leben.“ Der 21-Jährige war fünf Jahre lang pornosüchtig.
Eine Erziehungswissenschaftlerin der Universität Marburg hat dazu fast 3000 Schüler befragt. Die Ergebnisse sind alarmierend: Sexuelle Gewalt ist Alltag für Jugendliche. Und, der häufige Konsum von Pornografie erhöht die Wahrscheinlichkeit für sexuelle Übergriffe.
Pornografie als Einstieg in die Prostitution?
Eine weitere Studie zeigt: Jugendliche und Kinder werden immer früher mit Pornos konfrontiert – häufig ungewollt. Es kann sie ein Leben lang schädigen. Aber sind die Schattenseiten Grund genug eine ganze Branche zu verteufeln oder an Verbote zu denken?
„Nein“ sagen die, die Pornografie als legitimen Teil einer liberalen Gesellschaft sehen. „Ja“ sagen nicht wenige Kritiker und schlagen Alarm: Wir zerstören eine ganze Generation, eine ganze Gesellschaft, wenn wir nicht etwas dagegen unternehmen. Pornografie sei der Einstieg in die Prostitution und umgekehrt. Mit all ihren dramatischen Folgen – Menschenhandel, Ausbeutung, Gewalt.
Früher waren Pornodarstellerinnen unantastbar, heute kann man dank des Internets teilweise sogar Sex mit ihnen haben. Mara ist seit fast zwei Jahren dabei. Sie war Meisterin der Floristik. Über ihren Mann findet sie dann den Weg in die Pornografie. Mara arbeitet als Webcam-Girl und bietet sogenannte User-Drehs, trifft sich also auch mit Fans zum Sex.Pornos zerstören dein Leben, sagt Rocco. Er war fünf Jahre lang süchtig. Mit elf Jahren fängt er an – sein erstes Mal Selbstbefriedigung zu einem Porno. Mit 13 bekommt er ein Handy, das seine Sucht verschlimmert. Rocco braucht immer härtere Filme – Gewalt, die er auch auf sein Sexleben überträgt.Tabea Freitag von „return – Fachstelle Mediensucht“ kämpft für einen besseren Schutz von Minderjährigen vor Internetpornografie. Sie beklagt: Pornokonsum fördere sexuelle Gewalt. Die Psychologin behandelt Pornosüchtige. Manche vereinsamen, werden depressiv oder suizidgefährdet. Bei Minderjährigen kommt es nach Pornokonsum häufig zu sexuellen Übergriffen an anderen Kindern oder Jugendlichen. Mit ihrem Präventionsprogramm „Fit for Love?“ klärt Freitag deshalb in Schulen über die Folgen von Pornografie auf.Fiona Fuchs – so lautet zumindest der Name, den sie sich im Internet gegeben hat – will Pornodarstellerin werden. Die angeblich 21-Jährige steht zum Zeitpunkt unserer Dreharbeiten kurz vor dem Einstieg, bei dem sie begleitet wird – von einem Manager und der Kamera. Zweifel hat sie keine. Pornografie sei längst Teil unserer modernen Gesellschaft.Nora war fünf Jahre Pornodarstellerin, wäre fast daran zu Grunde gegangen. Sie möchte nicht erkannt werden. Sie sagt: Die Branche wird immer schlimmer. Pornografie sei Prostitution, in vielen Fällen Zwangsprostitution. Die 29-Jährige wurde in ihrer Kindheit missbraucht und später in die Porno-Branche gedrängt. Dort wird sie geschlagen, vergewaltigt, ausgebeutet.Ex-Porno-Star Jan Villarubia warnt: Das Porno-Geschäft ist eine tödliche Falle. Jan wird in ihrer Kindheit sexuell missbraucht, in der Jugend vergewaltigt und landet schließlich über Prostitution in der Pornografie. Heute hilft sie anderen beim Ausstieg – sie berichten von Demütigunen, Gewalt, Zwang und Menschenhandel.