„Was ich durch meine Depression über Männlichkeit gelernt habe“ – Philip Eil – HuffPost

In den USA wurde die Öffentlichkeit jüngst von den Selbstmorden des Star-DJs Avicii, der Modedesignerin Kate Spade und des Starkochs Anthony Bourdain erschüttert. Laut der WHO sterben weltweit jährlich ca. 1 Million Menschen durch Suizid. Damit stellt der Suizid eines der größten Gesundheitsprobleme der Welt dar. Darüber zu berichten ist aufgrund des „Werther-Effekts“ immer kritisch zu hinterfragen. Der Journalist Philip Eil macht jedoch genau das in seinem Artikel zu einer echten Chance.

Über das Thema Suizid zu berichten ist immer eine Gratwanderung. Denn der allseits bekannte „Werther-Effekt“ ist wissenschaftlich nachgewiesen. Berichte über Suizide haben de-facto Nachahmungstaten zur Folge. Deswegen sind die Medien die Selbstverpflichtung eingegangen, über Suizide generell nicht zu berichten. Wenn sich allerdings prominente Menschen das Leben nehmen, lässt sich das aus den Medien nicht heraushalten. Es ist nunmal von medialem Interesse, wenn Prominente sterben, und die Todesursache ist manchmal eben Suizid. Und Suizid ist eine viel zu häufige Todesursache. Dabei ist es wichtig, neben der bloßen Meldung besonders wichtig, über Hilfsangebote aufzuklären. Dies kann dann eine echte Chance sein, für das Thema zu sensibilisieren und suizidgefährdeten Menschen zu zeigen, dass es immer einen Ausweg gibt. Und dass jeder der Hilfe sucht, auch Hilfe bekommt. Und das genau nutzt der Journalist Philip Eil in einem Artikel in der HuffPost.

Prominente Selbstmordfälle in den USA

In den USA wurde die Öffentlichkeit jüngst von den Selbstmorden des Star-DJs Avicii, der Modedesignerin Kate Spade und des Starkochs Anthony Bourdain erschüttert. Wie Eil berichtet, ist, laut des aktuellen Selbstmord-Berichts des Center for Disease Control and Prevention (CDC), die Suizidrate in den USA ist von 1999 bis 2016 in fast allen Bundesstaaten angestiegen. In lediglich einem einzigen Staat hatte sich die Zahl nicht erhöht. In 25 Staaten begingen 2016 sogar über 30 Prozent mehr Menschen Suizid als noch 17 Jahre zuvor. 2016 haben sich fast 45.000 Amerikaner das Leben genommen, insgesamt sind „mehr Menschen, als bei einem ausverkauften Spiel in das Chicagoer Baseball-Stadion Wrigley Field passen würden“. Die Zahlen sind nicht nur in den USA alarmierend. Auch in Deutschland sterben jährlich 10.000 Menschen durch Suizid. Das sind deutlich mehr als als Verkehrstote, Drogentote und AIDS-Tote zusammen. Laut der WHO sterben weltweit jährlich ca. 1 Million Menschen durch Suizid. Damit stellt der Suizid eines der größten Gesundheitsprobleme der Welt dar.

Besonders auffällig bei allen Erhebungen ist die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern: zwar begehen Frauen die häufigsten Suizidversuche, allerdings werden die todlich endenden Suizidversuche zu 75% von Männern begangen. Es sterben also drei Mal so viele Männer wie Frauen durch Suizid. Männer greifen vermehrt auf „sichere Methoden“ zurück.

Warum nehmen sich viel mehr Männer als Frauen das Leben?

Diesem Problem widmet sich Philip Eil in seinem Artikel. Der Grund, warum sich so viel mehr Männer als Frauen das Leben nehmen liegt darin, dass sich Männer in psychischen Krisen viel seltener Hilfe suchen als Frauen. Schuld daran sind die sozialen Normen. Noch heute erlaubt unser gesellschaftliches Konzept von „Männlichkeit“ kaum Schwäche. Sich in einer psychischen Krise Hilfe zu suchen wird von den Betroffenen als „unmännlich“ angesehen. Und an diesem Männlichkeitsbild sterben dann jährlich Tausende von Menschen. Das darf nicht mehr sein. Deswegen ruft Philip Eil Männer gezielt auf, unser archaisches Männlichkeitskonzept zu hinterfragen. Und er tut das sehr überzeugend. Er berichtet von seiner eigenen depressiven Erkrankung und darüber wie schwer es ihm viel, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, aber auch, wie sehr er genau durch diese Hilfe gestärkt aus seiner Krise hervorging.

„Ich würde mich selbst als ziemlich sensiblen, gut informierten und fortschrittlich denkenden Mann beschreiben, der nicht allzu stark von toxischer Männlichkeit belastet ist. Doch wenn ich jetzt im Nachhinein über die Ereignisse nachdenke, die meine depressive Phase ausgelöst haben, wird mir klar, dass ich es viele Jahre lang kaum aushalten konnte, andere Menschen um Hilfe bitten zu müssen.“

Im Bericht des CDC lässt sich noch eine weiteres geschlechtsspezifisches Detail ablesen: Bei 84 Prozent der Männer, die sich selbst das Leben genommen hatten, war vorher offiziell keine psychische Erkrankung diagnostiziert worden. Das heisst also, dass Männer häufiger „im Stillen leiden“. Denn einem Suizid liegt in den meisten Fällen eine psychische Erkrankung, wie z.B. Depressionen, zugrunde. Deswegen appelliert Eil an alle Männer, sich von der Angst als „unmännlich“ und „schwach“ zu gelten zu lösen und sich Hilfe zu suchen, wenn sie sich in einer scheinbar ausweglosen Situation befinden:

„An alle Männer: Eine Therapie wegen psychischer Probleme ist keine unbegreifliche und befremdliche Angelegenheit, die anderen Menschen in irgendeinem Krankenhaus passiert. Es geht um euch, selbst wenn ihr noch niemals auf der Couch eines Psychotherapeuten gelegen habt.

Du kannst ein Lastwagenfahrer aus Nevada, ein Börsenmakler aus Chicago, eine Küchenhilfe aus Florida, ein Polizist aus Topeka, ein Arbeitsloser aus Dallas oder ein Millionär aus Seattle sein. Ganz egal, wer du bist: Es gibt einen kompletten Industriezweig an Menschen, die dir helfen wollen.

Ich spreche dabei von den tausenden intelligenten, einfühlsamen Menschen, die jahrelang studieren und sich ausbilden lassen, die Konferenzen besuchen, Bücher lesen und Artikel verfassen. Und das alles nur, um dir helfen zu können. Sie haben in ihrem Terminkalender noch einen Platz frei, um dir helfen zu können.“

Dank an Philip Eil für diesen wichtigen Beitrag und die HuffPost US, die diesen Artikel auch ins Deutsche übersetzt hat!

„Was ich durch meine Depression über Männlichkeit gelernt habe“ – Philip Eil – HuffPost

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Beim Jugendinformationszentrum München findest du zudem persönliche und telefonische Beratung für Kinder und Jugendliche. Telefonnummer: 089 550 521 50 (Sprechzeiten: Montag bis Freitag von 13 – 18 Uhr).


 

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