Am Donnerstag den 24.Mai 2018 fand das Finale von Heidi Klums „Germany’s Next Topmodel“ statt. Die kommerziell hocherfolgreiche Sendung zerrte auch in ihrer 13. Staffel wieder Millionen vor die Bildschirme. Dabei tradiert sie auch nach #MeToo und #Time’sUp ein verheerend sexistisches Frauenbild an sein hauptsächlich minderjähriges weibliches Publikum. Das ist nicht nur verachtenswert sondern auch gefährlich.
Zum Finale von „Germany’s Next Topmodel“ veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung einen Kommentar von Carolin Gasteiger. Darin kritisiert die Autorin Heidi Klum und die Sendung „Germany’s Next Topmodel“ aufs schärfste. Zurecht. Nach #MeToo und #Time’sUp ist es kaum fassbar, dass eine solch sexistische TV-Sendung, in dem junge Frauen zu „Mädchen“ degradiert werden, die auf Leistung und Unterwürfigkeit und größtmögliche Gleichmachung nach unnatürlichen Schönheitsidealen gedrillt werden, noch ausgestrahlt wird und. Das schlimmste daran ist, dass sich nach wie vor Millionen vor den Fernsehern versammeln, um sich an der öffentlichen Fleischbeschau und Erniedrigung von jungen Frauen zu belustigen. Gasteiger spricht sogar von einem „Abgrund an Menschenfeindlichkeit“. Und wer einschaltet, mache sich daran „mitschuldig“.
„Wir schreiben das Jahr 2018, das erste Jahr post „Me Too“. Hollywoodproduzenten werden wegen sexueller Belästigung und Machtmissbrauchs angeklagt, Schauspielerinnen tragen aus Solidarität mit den Opfern Schwarz, der Literaturnobelpreis wurde ausgesetzt. Die Welt diskutiert wie nie zuvor über Gleichberechtigung. Nur ein kleines Dorf sexistischer, autoritärer und renitent oberflächlicher Showmacher verweigert sich dieser Diskussion und frönt hartem Drill, sexy Looks und Attitude, wie Heidi Klum es nennen würde. […] Das Dorf heißt nicht Gallien, sondern „Germany’s Next Topmodel“, Häuptling ist Heidi Klum, der schlimmste Macho von allen. […] Seit 13 Jahren folgt Klum in ihrer Show demselben Prinzip: möglichst formbare, austauschbare Mädchen vorführen und mit ihnen Geld verdienen. Ob sie nun Toni, Luisa oder Jacqueline heißen: Topmodel werden wollen sie alle, Topmodel wird keine von ihnen.“
Das Fazit des Kommentars:
„Man kann GNTM im Jahr 2018 aber nicht mehr ansehen, ohne eine Haltung dazu zu entwickeln. Ohne sich einzugestehen, wie ungeniert junge Mädchen ausgenutzt und vorgeführt werden. Ohne zu erkennen, wie falsch und überholt dieses Format ist.“
Die Organisation „Pinkstinks“ ist aktuell der größte Mobilmacher gegen Heidi Klum’s Sendung. Pinkstinks protestiert gegen den omnipersenten Trend der Vermarktung geschlechterdifferenzierenden Spielzeugs für Mädchen alla Prinzessin Lillifee, die, meisst pink oder rosa, durch deren Verniedlichung schon Kinder im kleinsten Alter auf weibliche Rollenklischees getrimmt werden. In Reaktion auf die sexistisch-objektifizierende Sendung Germany’s Next Topmodel riefen Pinksstinks die Kampagne „Not Heidi’s Girl“ ins Leben. Den Anstoß für die Kampagne gaben Schülerinnen die, wie Pinkstinks auf ihrer Website zitieren „keinen Bock mehr auf den Beautystress und das Bodyshaming, das von Germany’s Next Topmodel in die Welt getragen wird“ hatten. Deswegen haben sie sich zusammengetan und gemeinsam mit Pinkstinks eine Kampagne gegen Heidi Klum und ihre Horrorshow gestartet. Mit Stickern, Videos und einem selbst komponierten Anti-GNTM-Song.
Auch die Frankfurter Allgemeine veröffentlichte nun einen Artikel, in dem die Autorin Johanna Dürrholz Klum’s TV-Format ähnlich vernichtend verurteilt. Die beliebte Sendung „reproduziere immernoch Sexismus in all seinen Facetten“. Sie berichtet über die Gründerin von Pinkstinks Germany Stevie Schmiedel, die auch zur Leitfigur der „Not Heidi’s Girl“ Kampagne wurde. Über ihr Motiv berichtet der Artikel:
„Stevie Schmiedel war Dozentin für Gender Studies und bewarb sich gerade auf eine Juniorprofessur, als sie eines Tages im Jahr 2012 von einem Vortrag kam und die ganze Stadt voll von Heidi war. […] Gerade noch hatte sie über Essstörungen, Geschlecht und den Einfluss von Werbung gesprochen, und dann das: halbnackte, leblose Frauen, deren Willen vor laufender Kamera gebrochen wird, bis sie alles tun, was Heidi und Pro Sieben ihnen sagen, bis sie, nur zum Beispiel, halbnackt mit einem männlichen Model posieren, obwohl sie bis dahin vielleicht nicht einmal einen Jungen geküsst hatten. Stevie Schmiedel, Mutter zweier Töchter, war wütend. Und schrieb einen Leserbrief. Daraufhin rief eine Journalistin an, führte ein Interview mit ihr, und sie bekam mehr als 400 Mails: Du hast so recht! Mach was dagegen!“
Pinkstinks Germany haben sich zum Ziel gesetzt, Geschlechterstereotypen abzubauen, damit Männer und Frauen die gleichen Chancen haben und sexistische Werbung zu kritisieren und so Kindern ein anderes Bild von Männlichkeit und Weiblichkeit zu vermitteln. Sie bekommen unter anderem Fördergelder vom Bundesfamilienministerium.
Laut Stevie Schiedel ist Germany’s Next Topmodel „immernoch eine der schlimmsten Sendungen im deutschen Fernsehen“ zitiert die FAZ wie auch:
„Neben den unrealistischen Schönheitsidealen der Modewelt kritisieren die Pinkstinks vor allem, wie die Sendung mit heranwachsenden Frauen umgeht: „Keine darf ihre eigene Meinung sagen. Alle müssen tun, was Heidi sagt – weil das angeblich im Berufsleben dann auch so ist.“ Frauen ohne eigene Meinung kann man in Shootings vielleicht besser plazieren. „Aber ihnen wird das Recht auf Abgrenzung genommen.“ Und dann ist da noch der Zickenkrieg. „Die ganze Sendung ist darauf ausgelegt, dass die Mädchen sich gegenseitig ärgern, Intrigen stiften und lästern. So wird die Sendung geschnitten, so werden die Mädchen aber dazu angestiftet, sich gegenseitig fertig zu machen.“ Als stünden Mädchen immer nur in Konkurrenz zueinander und stritten sich stets über die uralte Frage, wer denn nun die Schönste im ganzen Land sei.“
Die Links zum Thema:
„Finale von GNTM: Heidi ist der Häuptling im Macho-Dorf“ – TV-Kritik von Carolin Gasteiger – SZ
„Die GNTM-Siegerin 2018 steht fest. Vor allem aber zeigt die Finalshow: Dieser Abgrund an Menschenfeindlichkeit gehört abgeschafft.“
„GESCHLECHTERDISKRIMINIERUNG: Geschlechter haben keine Farben“ – von Johanna Dürrholz – FAZ
„Am heutigen Donnerstag ist Topmodel-Finale, zum dreizehnten Mal – dabei reproduziert die beliebte Sendung noch immer Sexismus in all seinen Facetten. Die Pinkstinks kämpfen dagegen an.“
Pinkstinks Germany e.V. – Kampagne „Not Heidis Girl“
Titelbild: Instagramm / julia.topmodel.2018