Den Haag: Lebenslang für den „Schlächter vom Balkan“

Heute fiel das letzte Urteil des „Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien“ in Den Haag. Radko Mladić, auch der „Schlächter vom Balkan“ genannt, wurde vom Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der Ex-General Mladić war während des Bosnienkrieges Oberbefehlshaber der Streitkräfte der selbsternannten „Rpublika Srpska“, die, dem Ideal eines „Groß-Serbiens“ folgend, zum Ziel die in Bosnien-Herzegowina eingenommenen Gebiete von der muslimischen Bevölkerung zu „säubern“. Dieser Kampf forderte ca. 100.000 Tote. Mladić gilt neben dem serbischen Ex-Präsidenten Slobodan Milošević und dem Präsidenten der „Rpublika Srbska“ Radovan Karadžić als der Hauptverantwortliche für die Gräueltaten, die zwischen 1992 und 1995 an der bosnisch-muslimischen Zivilbevölkerung verübt wurden. Darunter die mehr als Tausend Tage dauernde Belagerung von Sarajevo, sowie das „Massaker von Srebrenica“ mit 8000 Toten und die Geiselnahme von UN-Blauhelmsoldaten. Unter seinem Befehl wurde tausendfach gemordet und vergewaltigt, man spricht insgesamt von 100.000 Toten.

Der 75-jährige Mladić wurde heute in einem historischen Urteil in elf Anklagepunkten wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen schuldig gesprochen und muss nun für den Rest seines Lebens ins Gefängnis.

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Radko Mladić (links) mit Radovan Karadžić (rechts)

Mladić selbst sah sich bis zuletzt als unschuldig an und wird noch heute in Serbien teilweise als Nationalheld angesehen. Durch die Unterstützung von Teilen serbischer Behörden, der Armee, des Geheimdienstes und der Kirche konnte er nach dem Krieg in Serbien untertauchen und blieb sehr lange unentdeckt. Gestellt wurde er erst am 26. Mai 2011 im Dorf Lazarevo, ungefähr 80 Kilometer von Belgrad entfernt, wo er sich, von mehreren Schlaganfällen gezeichnet, im Haus eines Cousins versteckt hielt. Der Prozess gegen ihn begann 2012. Seine Verteidigung hat stets Freispruch gefordert.

Mladićs Verteidiger versuchten immer wieder den Prozess mit Argumenten der angeschlagenen Gesundheit des Angeklagten zu verzögern. Mladić selbst hatte während des Verfahrens vor Gericht lautstark protestiert und wurde regelmäßig aus dem Saal entfernt. Auch bei der Urteilsverkündung beschimpfte er die Richter und wurde des Saales verwiesen. Nach mehr als sechs Jahren, 530 Prozesstagen und fast 600 Zeugenaussagen ist mit der Verurteilung Radko Mladićs ist die Arbeit des „Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien“ abgeschlossen. Mladićs engster Vertrauter Radovan Karadžić wurde bereits 2016 zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt. Slobodan Milošević starb noch vor Beendigung seines Prozesses 2006 in Haft. Zwar besteht für Radko Mladić noch die Möglichkeit Berufung einzulegen, jedoch mit wenig Aussicht auf Erfolg, da ähnliche Berufungsverfahren vor dem Tribunal stets nicht erfolgreich waren und die ursprünglichen Urteile bestätigt wurden.

Seit seiner Gründung im Jahr 1993 hatte das UN-Sondertribunal, das ausschließlich für Verbrechen während der Kriege auf dem Balkan in den 1990er-Jahren verantwortlich ist, gegen insgesamt 161 Tatverdächtige Anklage erhoben. Davon wurden 84 Angeklagte schuldig gesprochen, bei 37 wurde das Verfahren entweder eingestellt oder der Angeklagte ist während des Prozesses verstorben, 19 wurden freigesprochen, 13 wurden nationaler Justiz überstellt.

Die Verurteilung des „Schlächters vom Balkan“ bedeutet für die Opfer und deren Hinterbliebene ein letztes kleines Stück Gerechtigkeit. Jedoch, so zitiert der Spiegel einen jungen Mann der in einem der berüchtigten „Vergewaltigungslager“ in Bosnien gezeugt wurde und bei Adoptiveltern groß wurde: „Für das, was Mladić getan hat, kann keine Strafe hoch genug sein!“

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