Die Gießener Ärztin Kristina Hänel wurde im vergangenen Jahr vom Amtsgericht der hessischen Stadt zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt, weil sie über einen Link auf ihrer Homepage über die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs informiert hatte. Wir vom Attitudeblog haben in der Vergangenheit mehrmals dazu berichtet. Hänel setzt sich inzwischen öffentlich für die Abschaffung des Paragrafen 219a ein, eine Solidaritätsbewegung ist entstanden. Ihr Argument: Die Bereitstellung von Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch dürfe nicht bestraft werden. Inzwischen wurden zahlreiche weitere Ärzt*innen angezeigt.
Am Donnerstag den 22. Februar 2018 hat der Bundestag in einer ersten Lesung über eine eventuelle Streichung des §219a debattiert. Die Linke, die Grünen und die FDP haben dazu jeweils einen Gesetzesentwurf vorgelegt.
Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die FDP machen sich für eine Abschaffung beziehungsweise Einschränkung des Straftatbestands der „Werbung für den Schwangerschaftsabbruch“ stark. Die drei Gesetzentwürfe, welche die Fraktionen zu diesem Zweck vorgelegt haben, hat der Bundestag am Donnerstag, 22. Februar 2018, in erster 45-minütiger Lesung debattiert und anschließend zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.
Linke und Grüne verlangen die Streichung des Paragrafen, die FDP schlägt eine Abschwächung vor: Nach dem Willen der Liberalen soll die Werbung künftig nur noch dann strafbar sein, wenn sie „grob anstößig“ ist. Die SPD will den bisherigen Paragrafen 219a ebenfalls streichen, aber weiterhin Ärzte bestrafen, die in aggressiver Weise für Abtreibungen werben. Die Union will das Gesetz hingegen beibehalten, ebenso die AfD.
Zwar hätten SPD, FDP, Linke und Grüne zusammen eine Mehrheit im Bundestag. Doch die Sozialdemokraten wollen die Union nicht außen vor lassen, schließlich wird die Neuauflage der großen Koalition angestrebt. Allerdings erscheint eine Einigung wegen des bisherigen Neins der CDU/CSU als schwierig. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl spricht im Zusammenhang mit der geplanten Gesetzesänderung nun von einer „Gewissensentscheidung“. Dies könnte den Weg für einen Gruppenantrag ebnen, bei dem sich Abgeordnete verschiedener Fraktionen zusammenschließen.
Anlässlich der Debatte hat das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung zu einer Aktion aufgerufen. Die Frauen wollen ein öffentliches Zeichen für die Streichung des Paragrafen 219a setzen. Mit abgeklebtem Mund aus Pflastern oder Tapeband protestierten am Donnerstag in den sozialen Netzwerken und vor dem Deutschen Bundestag Frauen und Männer gegen den §219a – dem Abtreibungsparagrafen, der es verbietet, für Abtreibungen zu werben.
Attitudeblog vertritt eine völlige Streichung des §219a und Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland.
Wir werden euch weiterhin auf dem Laufenden halten!
Nützliche links:
Deutscher Bundestag: Gesetzesentwürfe von FDP, Linke und Grünen sowie die Redebeiträge der Debatte
Artikel aus der Berliner Zeitung: „§219a: Hitzige Debatte im Bundestag – heftige Proteste davor“
Beitrag aus dem Nachtmagazin in der Ard-Mediathek